1955 –
1965
10 Jahre
Wiesbadener Funken – Chronik
(Robert Kammerer)
Ein ganz besonderer Grund,
zur Feder zu greifen und Rückschau zu halten auf die verflossenen 10 Jahre und
ein klein wenig in die Vergangenheit hineinzuleuchten. Die Augen zu schließen,
hineinzuhorchen und zu lauschen, was uns diese 10 Jahre an Erinnerungen aus der
Geschichte der „Wiesbadener Funken 55“ zu erzählen haben.
Angeregt durch den erstmals
im Jahre 1950 wieder aufgelebten „Wiesbadener Karneval“ und den in der
Folgezeit immer festere Formen annehmenden „Fasching“, saßen am Montag, den 18.
April 1955, ein paar Menschen zusammen, von der Idee beseelt, ebenfalls aktiv
in die damals noch „3 tollen Tage“ einzugreifen. Jawohl, drei Tage nur:
Fastnacht-Sonntag und Rosenmontag, am Dienstag Ausklang mit einem letzten
Narrhallamarsch, einem letzten „Helau“ um Mitternacht, und mit dem Anbruch des
Aschermittwochs Ende und aus wieder für ein ganzes Jahr.
Was hatte man sich an dem
bewussten 18. April 1955 vorgenommen? Was sollte in drei kurzen, tollen Tagen
geleistet und geboten werden? Ein Karnevalverein im allgemeinen Sinne, mit
„Sitzung“, „Büttenrede“, viel Hokuspokus, jedoch ohne den tieferen Sinn des
„echten Karneval-Brauchtums“ soll es nicht werden. Nein, das nicht allein. Es
soll entstehen eine Garde, eine stolze, schmucke Garde zu Ehren ihrer
Heimatstadt „Mattiaca“, die sich durch Sauberkeit, diszipliniertes Auftreten
und Verhalten nach innen wie außen würdig erweisen soll, vollwertig in den
Reihen derer mit zu marschieren, die bereits nach dem Motto: „Allen wohl und
niemand weh“ sich dem Karneval verschrieben hatten.
Das war der Gedanke und das
Leitmotiv jenes 18. April und gleichzeitig der Geburtstag des Vereins, dem man
den Namen „Wiesbadener Funken 55“ gab.
Und von jenen paar Menschen,
die damals die taufe vollzogen, sei hier des Mannes gedacht, der mit Hingabe
für die gute Sache die Entwürfe ausarbeitete, die seither unverändert die
Embleme, die Vereinsstandarte und die Abzeichen aufweisen: im blau-goldenen
Feld die Initialen W F 1955 mit dem funkenden Turm im Wiesbadener Lilienwappen.
Es war Karl Uhrig, der leider so früh verstorbene und unvergessene Initiator
und tatkräftige Akteur, der zu dem Namen „Wiesbadener Funken 55“ das bildliche
Symbol der sprühenden Funken schuf. Funken, die von Anfang Freude und Humor
versprühten, in die Herzen der Menschen übersprangen und zündeten, Trübsal und
Sorgen vergessen ließen und den grauen Alltag verscheuchten.
Nach einer am 11.11.1955 in
kleinstem Kreise abgehaltenen „Kappensitzung“ im Lokal „Philippsburg“ in
Wiesbaden, startete der erste „Gardeappell“ in den Faschingstagen 1956 im
Restaurant „Burg Nassau“. Mit einfachsten Mitteln wurde auf Fässern und
Flaschenbierkästen ein Podium errichtet, auf dem das „Komitee“ thronte, stets
in Furcht, der schwankende und ächzende Bau könnte bei zuviel „Schwung“
zusammenbrechen. Aber es kam nicht zum Zusammenbruch. Weder mit dem Podium,
noch mit den gebotenen Leistungen. Das Publikum war begeistert, schunkelte,
sang und jubelte „seinen Funken“ zu. Der Kontakt war das, die sprühenden Funken
hatten gezündet und die Genugtuung des ersten Erfolges war der Ansporn für
weiteres intensives Schaffen. Klein und bescheiden waren die Mittel, groß das
Wollen, enorm die geldlichen Opfer und schwer der Kampf um Existenz und
Anerkennung.
Doch der Wille setzte sich
durch, die Mitgliederzahl stieg an, die Garde wuchs. In ihren stolzen Uniformen
repräsentierte sie ein farbenprächtiges Bild, das nicht zu übersehen war, und
„Mattiaca“ freute sich ihres neugeborenen Kindes.
Bereits am
Fastnacht-Sonntag, dem „Rosensonntag“ des Wiesbadener Karnevals, im Jahre 1957
zogen die „Wiesbadener Funken 55“ mit klingendem Spiel als stolze, prächtige
Garde im großen Umzug mit durch die Stadt, Vasallen des Prinzen Karneval im
Gefolge der „Dacho“ (Dachorganisation Wiesbadener Karneval), der Gestalterin
des Rosensonntagszuges in Wiesbaden.
Und in diesem Jahre fiel der
erste bittere Tropfen in den Freudenbecher des Vereins.
Seinem Antrag auf Aufnahme
in die „Dacho“, in der die übrigen Vereine bereits zum größten Teil
organisatorisch vereinigt waren, setzte man Bedenken, ja fast Ablehnung
entgegen. Der Verein sei noch zu jung, er solle über einen längeren Zeitraum,
etwa fünf Jahre, den Beweis seiner Bewährung erbringen, und zudem sei das Wort
„Funken“ für Wiesbaden unannehmbar, da es ein „Privileg“ der alten Kölner
Karnevalsvereine und Garden sei.
Doch auch da gab es
Menschen, die im festen Glauben an die gute Sache die erhobenen Argumente
entkräfteten, die bewiesen, dass sich die junge Garde bisher untadelig geführt,
dass sie „Mattiaca“ seit ihrem Bestehen nicht enttäuscht hatte, und es ein
„Privileg“, lediglich des Namens wegen und der Tatsache, seinen Mitmenschen
Freude zu schenken, nicht geben kann.
Der Erfolg ließ nicht lange
auf sich warten, denn bald danach schrieb „Mattiaca“ in das Buch der
Geschichte: „Wiesbadener Funken 55“, Mitglied der Dacho und im Bund Deutscher
Karneval!
Das Hieß Verpflichtung zu
noch größerer Leistung, Auferlegung noch strengerer Disziplin, Ordnung und
Sauberkeit im Inneren, wie in der Öffentlichkeit.
Und was erzählen hierüber
die restlichen Jahre bis heute?
In allen Kampagnen glanzvolle
Aufmärsche, überfüllte Säle bei den „Garde-Prunksitzungen“, freundschaftliche
und kameradschaftliche Verbundenheit mit den Wiesbadener und vielen angesehenen
auswärtigen Karnevalvereinen und Garden, Freunde aus Nord, Süd, Ost, West,
Abordnungen nach dort und von dort. Kurz und schlicht: „Wiesbadener Funken 55“
ein Begriff in nah und fern, fester Bestandteil im Rosen-Sonntagszug, eine
Garde, anständig, sauber und beliebt. „Mattiaca“ freut sich ihres Kindes.
Und zum Schluß Dank und
Anerkennung der Frau, die seit diesen 10 Jahren das Narrenschiff der
„Wiesbadener Funken 55“ sicher und unbeirrt als Präsidentin durch die oft
haushoch schlagenden Wogen der überströmenden Freude steuert:
Hilde Seidel !
Dir und all Deinen Getreuen,
die Ihr in uneigennütziger Weise, in unermüdlicher, aufopfernder Arbeit die
Geschicke der „Wiesbadener Funken 55“ mit fester hand lenkt und leitet, zum
diesjährigen 10. Jubeltage ein herzliches „Glückauf“ und für die Zukunft ein
noch herzlicheres „Glückzu“!
Ich selbst wünsch’ Euch zum
guten Ende
All das, was einem Freund
gebührt,
und drück’ in Achtung Euch
die Hände!
Ihr habt Euch tadellos
geführt!
Robert Kammerer
Ehrensenator der
„Wiesbadener Funken 55“